Datenschutz-News 05/2021
In unseren Datenschutz-News 05/2021 informieren wir Sie ob Corona-Schutzimpfungen im Betrieb mit dem Datenschutz vereinbar sind. Sie haben konkrete Fragen? Kommen Sie gerne auf uns zu, wenn Sie mit uns über Ihre Datenschutzaufgaben sprechen möchten. Nutzen Sie dazu auch gerne unsere „Datenschutz-Online-Sprechstunde“. Diese findet immer am Freitag von 9 bis 10 Uhr statt. In einem persönlichen 15-Minuten-Termin können Sie Ihre Fragen an unsere Datenschutz-Experten stellen. Zur Terminvereinbarung wenden Sie sich bitte telefonisch an Frau Romberger (0661 90203-18) oder senden Sie uns eine kurze E-Mail und wir rufen Sie zurück.
Sind Corona-Schutzimpfungen im Betrieb und der Datenschutz vereinbar?
In den letzten Tagen erreichen uns gehäuft datenschutzrechtliche Fragen zu Corona-Tests und Impfungen von Beschäftigten. Daher möchten wir nachfolgend hierzu einige Hinweise geben:
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Prof. Kelber, weist darauf hin, dass die Wissenschaft regelmäßig über Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung berät, die je nach Ausgestaltung mit weitreichenden Grundrechtseingriffen einhergehen könnten. Seiner Einschätzung nach bedeutet das aber nicht, „…dass die Datenschutzaufsicht den Kampf gegen Corona verlangsamt oder sogar verhindert. Infektionsbekämpfung und Datenschutz sind keine Gegensätze. Für alle Probleme gibt es auch grundrechtskonforme Lösungen.“. Die Länderbeauftragten für den Datenschutz verweisen in ihren Orientierungshinweisen regelmäßig auf die Sars-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) und die Ländergesetzgebungen. Die Datenschutzaufsicht in Bayern hat ein Statement zu Datenschutzrechtliche Fragen zu Corona-Tests von Beschäftigten auf ihrer Homepage veröffentlicht, dass zumindest im Ansatz eine Orientierungshilfe bietet: https://www.lda.bayern.de/de/thema_corona_test.html
In einzelnen Modellprojekten der Länder wurden bereits Impfungen in Betrieben durch Betriebsärzte durchgeführt. Im Zuge der Aufhebung der Impf-Priorisierung ab dem 07.06.2021 soll nun die vollständige Einbindung betriebsärztlicher Dienste in die Impfkampagne möglich werden (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus.html).
Seitens der Politik wird durch das Impfangebot im betrieblichen Umfeld eine höhere Akzeptanz erwartet, da sich die Impfung am Arbeitsplatz für viele Menschen einfacher und bequemer in den Arbeitsalltag integrieren lässt als ein Termin beim lokalen Impfzentrum oder beim Hausarzt. Für die Unternehmen kann dadurch die Stabilität von Produktions- und Dienstleistungsprozessen sichergestellt werden. Neben den zu beachtenden organisatorischen und medizinischen Aspekten einer Impfung durch den Betriebsarzt oder durch ein mobiles Arzt Team, sollten aber unbedingt noch folgende Aspekte in den Unternehmen beachtet werden:
- Eine gesetzliche Impfpflicht gibt es nicht, sodass der Arbeitgeber eine Covid-19-Impfung im Rahmen der individuellen arbeitsvertraglichen Beziehungen nicht verpflichtend anordnen kann. Somit dürften nicht impfwilligen Arbeitnehmer*innen auch keine arbeitsrechtlichen Sanktionen drohen oder angedroht werden, wenn sie sich – im Betrieb oder außerhalb – nicht impfen lassen.
- Bitte beachten Sie auch, dass Informationen über ein (positives oder negatives) Testergebnis regelmäßig gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO ein Gesundheitsdatum darstellen und datenschutzrechtlich besonders schutzwürdig sind.
- Allen Arbeitnehmern*innen, die sich freiwillig impfen lassen und den erforderlichen Nachweis darüber erbringen, kann etwa eine „Impfprämie“ in Form eines Urlaubstages, Gutscheinen oder anderen Sachleistungen, z.B. als einmalige Sonderzahlung, gewährt werden. Wird das Impfvorhaben durch einen spezialisierten Dienstleister durchgeführt, stellt dieser üblicherweise auch die technische Infrastruktur selbst oder durch einen Subdienstleister bereit (hierunterfällt oftmals auch ein System zur Vergabe und Abwicklung der Impftermine). Dieses System erfasst die zur Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation der Impfvorgänge erforderlichen Daten der Impfinteressierten. Aus Sicht der Unternehmen ist entscheidend, dass der Dienstleister den datenschutzkonformen Einsatz und Betrieb solcher Systeme, einschließlich der technischen und organisatorischen Maßnahmen, zur Sicherstellung der Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Belastbarkeit der Systeme (vgl. Art. 32 Abs. 1 DSGVO), sicherstellt. Sofern die Datenverarbeitung von einem Dritten (Lizenzgeber) bereitgestellt wird, ist auf eine ausreichende Einräumung von Nutzungsrechten zu achten.
- Impfstatistiken dürfen aus datenschutzrechtlichen Gründen nur in anonymisierter Form vom Unternehmen geführt werden. Eine Übermittlung von Impfdaten durch den Dienstleister an den Arbeitgeber, die eine Auswertung dergestalt ermöglicht, dass der Arbeitgeber erkennen kann, welche Arbeitnehmer*innen bereits an den organisierten Impfungen teilgenommen haben, ist nicht zulässig.
- Sofern es aus betrieblichen Gründen geboten ist, einen Impfnachweis vom Arbeitnehmer einsehen zu müssen, kann dies auf Grundlage einer Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a DSGVO i.V.m. Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO, § 26 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 BDSG möglich sein. Betriebliche Gründe, die einen Impfnachweis erforderlich machen können, sind z.B. wenn die Feststellung eines vollständigen Corona-Impfschutzes des Mitarbeiters u.a. zwecks Sicherstellung einer betrieblichen Corona-Teststrategie sowie der Einhaltung der jeweils gültigen Grenzwerte zur Kontaktbeschränkung innerhalb eines Betriebes oder einer sozialen Einrichtung geboten ist oder, um Betriebsunterbrechungen oder sonstige Beeinträchtigungen zu vermeiden, die sich aus der Coronavirus-Schutzverordnung (CoronaSchV) ergeben könnten. Keinesfalls dürfen dem Beschäftigten Nachteile erwachsen, wenn die Frage nicht beantwortet bzw. eine Einwilligung verweigert wird.
- Denkbar ist auch eine Ermächtigungsgrundlage auf Basis eines berechtigten Interesses (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO i.V.m. § 26 Abs. 1 BDSG).
- Wird die Schutzimpfung durch einen Betriebsarzt durchgeführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 CoronaImpfV), könnte ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bestehen.
Und was sagt der Betriebsrat dazu?
Ein weiterer Aspekt ist die Frage nach dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei Impfen am Arbeitsplatz. Sollte ein Betriebsrat oder eine andere Form der Interessenvertretung im Unternehmen bestehen, so können sich praktisch bei allen Maßnahmen im Zusammenhang mit Impfangeboten des Arbeitgebers im Betrieb Mitbestimmungsrechte eines Betriebsrats ergeben, insbesondere nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) hinsichtlich Vergütungsfragen. Arbeitgeber sollten wissen, ob und in welchen Punkten sie den Betriebsrat zwingend zu beteiligen haben.
- Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG sind Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften zwingend mitbestimmungspflichtig. Der Zusatz im Gesetzestext „im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften“ beschränkt das Mitbestimmungsrecht auch für den hier relevanten Bereich des Gesundheitsschutzes jedoch auf Schutzmaßnahmen, zu deren Umsetzung der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet ist. Bietet der Arbeitgeber, wie im Falle eines Corona-Impfprogramms, freiwillig Maßnahmen zum Gesundheitsschutz an, scheidet ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG aus.
- Normalerweise betreffen Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG die Lage, Verlängerung und Verkürzung der Arbeitszeit und sind daher oft zu beachten. Demgegenüber ergeben sich beim Impfprogramm eines Arbeitgebers für den Betriebsrat aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG keine Mitbestimmungsrechte. Das gilt jedenfalls, wenn die Arbeitnehmer das Impfangebot während der Arbeitszeit wahrnehmen können, ohne „nacharbeiten“ zu müssen.
- Mitbestimmungspflichtig sind allein die Verteilungsgrundsätze, also die Frage, ob etwa vorrangig schwerbehinderte Arbeitnehmer oder solche im fortgeschrittenen Alter, Arbeitnehmer in besonders essentiellen Produktionsbereichen oder Funktionen, im Außendienst oder mit sonstigem Kundenkontakt geimpft werden sollen. Nach aktuellem Stand muss sich der Arbeitgeber hierbei in erster Linie nach den Vorgaben aus der CoronaImpfV richten.
Der Datenschutz verhindert nicht die Pandemiebekämpfung!
Zum Abschluss sei noch nachgetragen, dass das Datenschutzrecht die Datenverarbeitung zur Pandemiebekämpfung ausdrücklich erlaubt, anders als dies teilweise in den Medien behauptet wurde und wird. Prof. Dr. Roßnagel, Hessischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit sagt dazu in einer Pressemittelung der Behörde vom 11.05.2021: „Sie ist nach der Datenschutz-Grundverordnung zulässig, wenn sie erforderlich ist, um >>lebenswichtige Interessen<< zu schützen. Als ein Beispiel für ein solches Interesse nennt die Datenschutz-Grundverordnung ausdrücklich die >>Überwachung von Epidemien<<. Wenn Impfen, Testen und Kontaktverfolgung nicht wie gewünscht funktionieren, ist dies also nicht die Schuld des Datenschutzes.“. Es gilt nur zu beachten, dass in jedem Fall die Rechte der natürlichen Personen gewahrt bleiben müssen. Bei Unklarheiten helfen die Datenschutzbeauftragten in den Unternehmen zur Klärung der Anforderungen und der Rechtsgrundlage.
Wir hoffen, die Informationen helfen auch Ihnen im Alltag weiter. Falls in Ihrem Unternehmen in diesem Zusammenhang weitere Fragestellungen zum Datenschutzrecht aufkommen sollten, stehen wir Ihnen gern für Rückfragen zur Verfügung. Für alle arbeitsrechtlichen Fragestellungen empfehlen wir einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuziehen.
Die vollständige News inkl. Quellenangaben sowie weiteren Informationen zu den vorgenannten Bussgeldern können Sie als PDF hier herunterladen.